Benue, Kamerun. Autor Leigh Bowd. No Copyright
Benue, Kamerun. Autor Leigh Bowd

Kamerun während der deutschen Kolonisierung und der französischen und britischen Völkerbunds-Mandats- und VN-Treuhandschaftsverwaltung (1884-1961)

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Verfasst von Dietrich Köster

Die deutsche Kolonialzeit

Im Jahre 1482 kam der Portugiese Fernão do Pó als erster Europäer an die Küste des inneren Golfs von Guinea und fand einen großen Reichtum an Krabben vor. So nannte er die dortige Mündung des Wuri Krabbenfluß – Rio dos Camarões. Die heutige Bezeichnung für das ganze Land Kamerun ist von dieser portugiesischen Namengebung abgeleitet.

1868 richtet der Hamburger Reeder Woermann eine Schiffahrtslinie nach dem inneren Golf von Guinea ein und fördert damit die Schaffung von Überseeniederlassungen deutscher Kaufleute.

1884 kommt der bisherige deusche Konsul in Tunis hier an und schließt zwei Verträge mit dem Stamm der Duala ab und läßt am 14. Juli des gleichen Jahres die kaiserlich-deutsche Flagge in Kamerunstadt hissen. Auf diese Weise unterstreicht er die Besitzergreifung des Küstenbereichs der Mündung des Wuri. 1902 wird der Ort der Vertragsunterzeichnung in Duala umbenannt.

Der sogenannte britische “Too-late consul” Hewitt kam einige Tage zu spät und konnte nicht mehr für die britische Krone von Kamerun Besitz ergreifen.

1885 wurde Julius Freiherr von Soden zum ersten Gouverneur der Kolonie Kamerun ernannt. Dabei ist der deutsche Fachausdruck Schutzgebiet Kamerun.

Die Erforschung des Kolonialgebietes wurde zwischen 1884 und der Jahrhundertwende in Etappen vorgenommen, wobei von Süden nach Norden vorgegangen wurde. So wurde der Tschadsee 1901 erreicht.

So manche Plantage wurde geschaffen: Kakao-, Bananen-, Kaffee-, Ölpalmen-, Tabak- und Kautschukpflanzungen

Grenzveränderungen Kameruns.  Autor Roke. Licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike

Grenzveränderungen Kameruns. Orange: Neukamerun. Grün: Entenschnabel, 1911 an Frankreich abgetreten. Autor Roke

1911 wurde der Export von Bananen aus Kamerun für den deutschen Markt mit Kühlschiffen der Woermannlinie aufgenommen.

Während die Amtssprache Kameruns Deutsch war, stellte sich die Rolle des Deutschen als Unterrichtssprache in den Schulen nicht einheitlich dar.
Während die katholische Mission der Pallotiner den Unterricht auf Deutsch anbot, zog die protestantische Basler Mission es vor, den Unterricht in der Sprache Duala zu erteilen. So unterhielten die Pallotiner freundschaftliche Beziehungen zu den Kolonialbehörden, was für die Basler Mission nicht in gleichem Maße zutraf.

Nachdem die Kolonialverwaltung bei der Basler Mission vorstellig geworden war, beschränkten sich die Basler Missionare auf die Erteilung des Religionsunterrichts in der einheimischen Sprache. Alle anderen Fächer wurden von nun an in deutscher Sprache erteilt.

Schließlich existierte während der ganzen deutschen Kolonialperiode ein entscheidendes Problem. Es handelt sich um das sogenannte Pidgin-Englisch als Verständigungsmittel entlang der Küste, eine Erscheinung, die bis auf den heutigen Tag existiert.

1891 versucht Gouverneur von Zimmerer die deutsche Sprache für alle Schulfächer einzuführen, um allmählich Verwaltungspersonal unter deutschsprechenden Kamerunern zu gewinnen. Schließlich bestimmte 1910 ein Erlaß von Gouverneur Seitz, daß keine europäische Sprache außer Deutsch und keine einheimische Sprache mehr in der Schule Verwendung finden dürfe.

Im November 1911 wurde Kamerun um Neu-Kamerun zu Lasten der Nachbarkolonien von Französisch-Äquatorialafrika (AEF) erweitert. Dies war das Ergebnis eines deutsch-französischen Abkommens über Marokko, das den Franzosen freie Hand in Marokko gab.

Kamerun von 1901 bis 1972. Autor Roke. Licence Creative Commons Paternité – Partage des conditions initiales à l’identique

Kamerun von 1901 bis 1972. Autor Roke

Mit dem Ausbruch des Krieges im Jahre 1914 besetzten französische, britische und belgische Truppen, die aus Nigeria, Ubangi-Schari und aus Belgisch-Kongo kamen, Kamerun. Am 18. Februar 1916 war das ganze deutsche Schutzgebiet erobert.
Die deutsche Schutztruppe überquerte die Grenze mit Spanisch-Guinea (Rio Muni), um hier oder in Spanien interniert zu werden.

Vom französisch-britischen Übergangszeitraum zu den Völkerbundsmandaten und den Treuhandgebieten der Vereinten Nationen

Mit der Niederlage der deutschen Schutztruppe für Kamerun haben sich die französischen und britischen Besatzungsstreitkräfte Kamerun auf ungleiche Weise aufgeteilt:
das westliche Fünftel an der Grenze zu Nigeria ging an Großbritannien und die östlichen vier Fünftel an Frankreich
Auf der Grundlage des Versailler Vertrages vom 28. Juni 1919 hat der Völkerbund den westlichen Teil Großbritannien und den Ostteil Frankreich als Mandat zugeteilt.
Neukamerun wurde wieder in die Territorien von Französisch-Äquatorialafrika (AEF) integriert.

Auf diese Weise begann eine unterschiedliche Entwicklung nach den Vorstellungen der beiden Mandatsmächte:

Ostkamerun

Die Franzosen haben ihr Kolonialsystem der Assimilation auf ihren Teil Kameruns übertragen.

Die Beschulung erfolgte ausschließlich in französischer Sprache. So war es streng untersagt, die einheimischen Sprachen zu gebrauchen.
Gleichzeitig wollte man damit jede Spur der deutschen Sprache auslöschen.

Im Amtsblatt für den Staat Kamerun konnte man 1924 lesen:
Die französische Sprache ist die einzige Sprache, die in der Schule Anwendung findet. Es ist den Lehrern untersagt, sich im Umgang mit ihren Schülern der einheimischen Sprachen zu bedienen.

Um anerkannt zu werden, mußten selbst die Privatschulen die Unterrichtserteilung zwingend auf Französisch vornehmen.
Die protestantische amerilkanische Mission war höchst unzufrieden, daß sie die Sprache der Alphabetisierung Boulou durch Französisch ersetzen mußte und damit den gesamten Unterricht in der Sprache der Mandatsmacht erteilen mußte.

Diese autoritäre Einstellung kam auch klar in dem amtlichen Rundschreiben vom 8. Dezember 1921 zum Ausdruck:
Keine Schule darf ihren Lehrbetrieb durchführen, wenn der Unterricht nicht auf Französisch erteilt wird. Diese Vorschrift bedarf keiner Rechtfertigung.
Zwischen den Eingeborenen und uns kann es nur eine enge Beziehung durch die Einführung der Eingeborenen in unsere Sprache geben.
Folglich achteten der Hochkommissar der Französischen Republik und seine Mitarbeiter auf die strikte Einhaltung des Gebrauchs der französischen Sprache in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Schulwesens.

Während die deutschen Pflanzer 1922 zurückkehren konnten, wurden sie am Tag des Kriegsausbruchs im Jahr 1939 interniert und ihre Pflanzungen beschlagnahmt.
Mit dem deutschen Sieg über Frankreich im Juni 1940 blieb der Südosten Frankreichs unbesetzt. Dieser Teil Frankreichs nannte sich von nun an Französischer Staat /Vichy-Frankreich, wobei das französische Mandatsgebiet Kamerun die Regierung in Vichy anerkannte.
Es waren jedoch die Sendboten des sogenannten Freien Frankreichs des Generals de Gaulle die Offiziere Leclerc und Boislambert, die den Hochkommissar des Vichy-Regimes überzeugten im August 1940 die Seite zugunsten des Freien Frankreichs zu wechseln.

1946 wird das Statut Kameruns, das von Frankreich als Völkerbundsmandat verwaltet worden war, durch ein solches eines Treuhandgebietes unter der Oberaufsicht der Organisation der Vereinten Nationen ersetzt.

1948 wurde die Union des Populations du Cameroun (UPC) als erste politische Formation Kameruns gegründet.

1957 erhielt Kamerun eine Teilautonomie und zwei Jahre später eine volle Autonomie und schließlich am 1. Januar 1960 die Unabhängigkeit.

Während der ganzen Zeit des Völkerbundsmandats und in der Zeit der Treuhandgebietes der Vereinten Nationen blieb das System der sprachlichen Französisierung Kameruns durch die ausschließliche Erteilung jedweden Schulunterrichts in der französischen Sprache unverändert.

Westkamerun

Im von den Briten verwalteten Teil Kameruns wurde das Organisationsprinzip der indirekten Herrschaft (indirect rule) praktiziert, das die traditionellen Häuptlinge in die Kolonialverwaltung einbezog.

Die Sprachpolitik begünstigte die heimischen Sprachen und Englisch wurde vor allem lediglich als Unterrichtsfach erteilt.

Der Wechsel vom Völkerbundsmandat zum Treuhandgebiet der Vereinten Nationen erfolgte in gleicher Weise wie in Ostkamerun.

Die deutschen Pflanzungen, die 1939 beschlagnahmt worden waren, werden 1947 nicht rückerstattet, sondern in ein öffentliches Unternehmen unter der Bezeichnung Cameroon Development Corporation (CDC) umgewandelt.

In Kamerun unter britischer Verwaltung – von den Briten als British Cameroons bezeichnet – muß man zwischen Northern Cameroons mit islamisierter Bevölkerung und Southern Cameroons mit mehrheitlich christianisierter und animistischer Bevölkerung unterscheiden.

1954 wird British Cameroons ein autonomer Teil der britischen Kolonie Nigeria.

Nach Volksabstimmungen im März 1961 schließt sich Northern Cameroons dem unabhängigen Nigeria an und Southern Cameroons wird am 1. Oktober 1961 ein Teil der Bundesrepublik Kamerun.
Die beiden Teile dieser Bundesrepublik behalten ihre eigene Regierung und ihr eigenes Parlament mit ihrer eigenen Amtssprache.
Auf der Bundesebene besteht theoretisch eine amtliche Zweisprachigkeit. In der Praxis besitzt das Französische jedoch als vorherrschende Sprache eine Vorzugsstellung.

Bibliographie

– Rudolf Stumpf, La politique linguistique au Cameroun de 1884 à 1960. Comparaison entre les administrations coloniales allemande, française et britannique et du rôle joué par les sociétés missionnaires. Publications Universitaires Européennes, Série XXVII, Etudes asiatiques et africaines, volume 4, Peter Lang, Bern

– Jacques Leclerc, L’aménagement linguistique dans le monde, Cameroun, http://www.tlfq.ulaval.ca/axl/afrique/cameroun.htm , aufgerufen am 24. März 2014

– Dietrich Köster, POLITISCHE FORTSCHREIBUNG DER VORMALIGEN DEUTSCHEN KOLONIEN SEIT 1920, Kolonien in Afrika, Kamerun, März 2004, aufgerufen am 24. März 2014

– Auguste Viatte, La Francophonie, Larousse, Paris 1969

– Robert Cornevin, Geschichte der deutschen Kolonisation, Hermann Hübener, Goslar 1974

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About Marco Ramerini

I am passionate about history, especially the history of geographical explorations and colonialism.